In dem Pariser Museum „Centre Pompidou“ stehe ich vor der Fotografie zweier Handflächen und gleichzeitig vor einem Rätsel: Ich betrachte dieses Schwarzweißfoto. Die Hände auf dem Bild sind geteilt: Was in der linken Hälfte des Bildes schwarz ist, ist auf der rechten Hälfte des Bildes weiß und umgekehrt. Schwarz und weiß stehen im Kontrast. Negativ und Positiv ebenfalls. Ganz schlicht und einmalig, vor allem aber wunderschön. Wie ist dieses Werk entstanden? Wahrscheinlich drückte jemand seine Hände auf eine Fläche. Vielleicht sogar der Künstler selbst.


Die Kanten der Handflächen sind leicht verschwommen. Dort wo der Künstler mit viel Kraft aufgedrückt hat, ist es links weiß und rechts schwarz. Die Daumen der beiden Händen berühren kaum die Fläche. Nach etlichen Minuten sturem Starren auf diese Hände, frage ich mich, wie die weißen Punkte am Zeigefinger und am Kleinenfinger entstanden sind? Je länger ich dieses Werk betrachte, desto rätselhafter finde ich es.

Mein Blick wandert zu dem kleinen Schild unter der Fotografie. Ich lese:

„Ugo Mulas (1928 – 1973)“. Das Werk entstand fernab vom jetzigen Zeitalter der digitalen Retusche mit Programmen wie Adobe Photoshop. Der Künstler spielte mit dem Effekt von Negativ und Positiv. Ob allein beim Belichten des Bildes oder anschließend beim Entwickeln des Positivs, ist für mich vollkommen unklar.


Nach fast einer Woche voller Grübeln und Nachdenken, habe ich etliche Theorien, wie der italienische Modefotograf dieses Foto gemacht hat: Mein erster Gedanke: Bei dem Bild könnte es sich um ein Fotogramm handeln. Einen Tag später fällt mir ein, dass der Fotograf seine Handflächen in Flüssigkeit getaucht und auf eine Fläche gepresst haben könnte. Und anschließend diesen Abdruck abfotografiert hat. Eine weitere Woche vergeht. Das Bild spukt die ganze Zeit in meinem Kopf: Vielleicht ist es auch eine Fotokopie?


Seien wir ehrlich: Wie genau das Bild nun entstanden ist, spielt kaum noch eine Rolle. Die Tatsache, dass so ein alter Meister mehrere Tage lang mit seinem Kunstwerk in meinen Gedanken herumgeistert, ist die eigentliche Kunst. Und der Beweis das gute Bilder immer im Gedächtnis bleiben. Bravo!

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